Marlon

Lieber Marlon,

zwei Tage nach deinem „erratenen Termin“ rief mich deine Mama morgens, bzw. mitten in der Nacht an und berichtete mir mit ruhiger Stimme, dass deine Geburtsreise bevor steht. Ich machte mich frisch und auf den ca 25 minütigen Weg zu euch. Deine Mama lag entspannt im Wohnzimmer und veratmete ihre Wellen auf der bereits vorbereitenden Matratze. Die Wellen kamen alle drei Minuten und hielten bis zu einer Minute an. Deine Geburt war im vollen Gange und man spürte diesen ganz besonderes Zauber in der Luft. Der Muttermund war bereits die ersten Zentimeter geöffnet und dein Herzchen schlug rhytmisch. Ich bereitete meine Materialien vor und schaute dass alles vorhanden ist was wir brauchten. Einer deiner größeren Schwestern und dein Papa war mit anwesend und gaben deiner Mama mentalen Halt. Nur mit einem großen Tuch, welches sie als ein Kleid gebunden hat war sie bedeckt und wirkte so sinnlich.

Es kehrte nach ca einer Stunde etwas Ruhe ein, die Wellen wurden ruhiger und die Pausen wurden größer. Dein Papa holte Brötchen und gemeinsam frühstückten wir. Wenn eine kleine Welle sich zeigte, wurde am Tisch inne gehalten. Ansonsten saßen wir super schön familiär zusammen und stärkten uns für die weiteren Stunden. Nach der kleinen Stärkung wurde geruht. Deine große Schwester zog sich zurück und wir blieben im Wohnzimmer. Genau wie deine Eltern, machte auch ich etwas zu Augen zu und nickte ein. Nach ca zwei Stunden fanden die Wellen wieder ihren festen Rhythmus. Die Entleerung des Darms durch einen Klistier half mit Sicherheit dabei.

Gegen 9 Uhr befandest du und deine Mama euch in der geburtshilflichen Übergangsphase. Der Muttermund war 7-8cm eröffnet und man merkte dein Köpfchen schaute mit leichten Druck in welche Richtung du dich drehen musst um ideal in Mamas Becken tiefer zu treten. Das Becken wurde im Vierfüßlerstand intuitiv bewegt und dein Papa und ich massierten deiner Mama abwechselnd den Rücken. Eure Geburtsfotografin Jessica kam still und heimlich dazu. Man bemerkte sie kaum. Bevor ich ihr „Hallo“ sagen konnte, hatte sie bereits die ersten Bilder geknipst. Dass ihr euch so schnell wieder seht hätte keiner geahnt. Denn keine 24 Stunden zuvor habt ihr noch nett zusammengesessen und alles machte den Anschein, dass du mit deiner Ankunft noch warten möchtest.

Um 10.25 Uhr stieg deine Mama in den Geburtspool, welcher mit warmen Wasser befüllt war. Kaum merkbar und die meiste Zeit ganz still schob deine Mama intuitiv in der Welle mit und gab dem Druck nach. Ihr wart ein klasse Team. Dein Herzchen schlug weiterhin kräftig und gegenseitig gabt ihr euch Kraft. Mit staunenden Augen wich dein Papa euch nicht von der Seite. In seinem Blick wurde der große Respekt für deine Mama mehr als deutlich. Er hielt ihr die Hand und ich hielt zu meiner Unterstützung meine Hand auf ihrem Kreuzbein. Mehr war tatsächlich nicht notwendig. Und dann kam dieser eine Moment, der Moment bei dem ich im Nachgang so sehr schmunzeln musste und durch den ich den aller größten Respekt hege für deine Mama. Um 10.54 Uhr, deine Geburtszeit wollte ich nur kurz meine Handschuhe wechseln und schaute für einen kurzen Moment weg, denn alles war vom Ton vollkommen unverändert. Als ich meinen Blick wieder zurück zum Geschehen richtete lagst du da ganz plötzlich zwischen Mamas Beinen. Ich konnte mir ein kurzes „OH“ nicht verkneifen und riet deiner Mama nach unten zu greifen. Sie wirkte wie in Trance und so hielt ich dich leicht nach vorne, damit sie dich selbst in ihre Arme schließen konnte. Alle Beteiligten waren für einen Moment wie hypnotisiert. Denn deine Mama war so entspannt, dass wir es gar nicht richtig glauben konnten, dass da plötzlich ein kleines süßes neues Menschlein schwimmt. So eine scheinbar unbemerkte Geburt hatte ich noch nie erlebt. Es war einfach wundervoll und machte alles rund. Die Entspanntheit deiner Mutter, ihr Urvertrauen und den Glauben an sich selbst spiegelten sich während dieser wunderbaren Geburtsreise wieder.

Danke, dass ich dabei sein durfte.

Von Herzen alles Gute für eure wundervolle Familie!

Eure Denise